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Von Third-Party zu First-Party: Die Zukunft der Datenerhebung

Lesezeit 10 mins | Geschrieben von: Max Lucas

Von Third-Party zu First-Party Tracking

Unternehmen wechseln zunehmend von Third-Party- hin zu First-Party-Datenerhebung. Was sind die Gründe dafür? Und wie kann eine Privacy-First-Datenstrategie unter Berücksichtigung der Datenerhebung mit Google Analytics 4 (GA4) und Server-Side-Tagging (SST) aussehen?

 

Was ist Server-Side-Tagging?


Server-Side-Tagging (kurz “SST”) oder auch Server-Side-Tracking genannt, bedeutet, dass Daten anstelle von Browser eines Nutzers stattdessen von einem Server an den Empfänger (Vendor) gesendet werden. Dahinter steckt folgendes Prinzip:

Klassisches Tracking:

Klassisches, auch “clientseitiges” Tracking genannt,  funktioniert über Javascript und Zählpixel im Browser. Beim Besuch einer Website lädt der Browser ein Tracking-Script (z.B. analytics.js für Google’s Universal Analytics, gtag.js für GA4) herunter und führt dieses aus. Das Trackingscript wiederum erfasst verschiedene Daten wie z.B. besuchte Seite, Klicks oder Geräteinformationen und sendet diese an den Vendor, in unserem Beispiel Google:

Es findet also eine direkte Verbindung zwischen User und Vendor statt. Das macht es relativ einfach, das Tracking zu unterbinden. Ein Request an “” kann leicht identifiziert oder geblockt werden und genau diesen Mechanismus machen sich sogenannte ITPs (“Intelligent-Tracking-Preventions”) zu Nutze. Beispiele für bekannte ITPs sind z.B. die Privacy-Einstellungen im Safari- oder Firefox-Browser oder Browsererweiterungen wie Ghostery oder der Privacy Badger.

Zusätzlich wird bei der Übermittlung von Daten immer eine IP-Adresse übertragen, was es aus europäischer Perspektive schwierig macht, ein Tracking ohne Einwilligung zu betreiben.

Server-Side-Tagging:

Beim Server-Side-Tagging wird ein eigener Tagging-Server dazwischengeschaltet. Da dieser Server selbst betrieben wird, spricht man von “First-Party” im Vergleich zu dem “Third-Party” - Server des Vendors. Alle Daten fließen nun vom Browser des Nutzers zunächst nur zum Tagging-Server, von wo die Daten dann an einen oder mehrere Vendoren verteilt werden:

Das bringt eine ganze Reihe an Vorteilen mit sich, die wir weiter unten im Detail erläutern werden. Der wichtigste Faktor ist aber, dass die Daten jetzt nicht mehr direkt an “”, sondern z.B. an “tagging.meinewebsite.de” fließen. ITPs greifen nicht mehr und sensible Daten, wie z.B. die IP-Adresse, können auf dem Tagging-Server herausgefiltert werden, sodass einige Daten auch ohne Einwilligung an die Vendoren übermittelt werden dürfen.

Google Analytics 4 (GA4) & der Google - Server Tag Manager


Auch wenn von serverseitigem Tagging gesprochen wird, müssen die Userdaten zunächst vom Browser auf den Tagging-Server gelangen. Für diesen Transport muss im Browser Javascript eingesetzt werden, welches die gewünschten Daten erfasst und an den Server-Tag-Manager übermittelt.

"GA4 ist die neueste Analytics-Software, die der Marktführer Google zur Verfügung stellt."

GA4 bringt eine ganze Reihe von Vorteilen im Vergleich zum Vorgänger, “Universal Analytics” (auch “GA3” genannt), mit sich. Dazu gehören etwa ein verbessertes Datenmodell, mit dem detaillierteres Tracking komplexer Abläufe möglich wird, aber auch mehr Features im Hinblick auf Datenschutz. Machine Learning kann für Voraussagen in die Zukunft eingesetzt werden und mit dem Export in BigQuery kann jedes Unternehmen nun ein kostenloses Data Warehouse aufbauen.

Mit Universal Analytics können ab dem 1. Juli 2023 keine Daten mehr erfasst werden. Unternehmen, die bisher also auf Universal Analytics setzen, sollten sich rechtzeitig Gedanken um eine Migration auf GA4 machen. Gerne unterstützen wir Sie dabei und erstellen Ihnen einen kostenfreien & unverbindlichen Migrationsplan.

Google Analytics 4 eignet sich wunderbar für den Einsatz mit einem Server-Side Tag Manager. Das Tool wird dazu verwendet, die Daten vom Browser des Nutzers auf den Tagging-Server zu senden, von wo aus Sie dann an die Vendoren verteilt werden können. Das flexible Datenmodell, welches auf Events basiert, macht es so möglich, mit nur einem Request Daten für sämtliche Webanalyse- und Online-Marketing-Tools bereitzustellen. Die GA4 Daten können vom Server-Tag-Manager aus neben GA4 z.B. auch an Google Ads, Facebook/Meta, AWIN, AT Internet, Econda, Microsoft/Bing, LinkedIn oder Piwik gesendet werden.

Der Google Server Tag Manager

Google’s Server-Tag-Manager ist unsere Empfehlung für die Umsetzung von Server-Side-Tagging. Die Gründe dafür sind einfach:

  • Die Software ist für jeden kostenlos

  • Die Installation kann mit wenigen Klicks in der Google Cloud oder auf jedem anderen Server mit Docker erfolgen

  • Durch die technische Struktur wird nur sehr wenig Wartungsaufwand fällig

  • Die hohe Anpassbarkeit ermöglicht es, selbst strikte Datenschutzgesetzte wie in DE zu erfüllen (z.B. Hosting in der EU/DE, Verschlüsselung, Logging-Policy, etc.)

  • Einfache Integration mit den Google-Tools

  • Mit jedem Vendor/Datenempfänger kompatibel durch “Custom Clients & Tags” (selbst programmierbare Endpunkte, die Daten entgegennehmen, verarbeiten und an Vendoren versenden)

Wichtig zu verstehen ist, dass der Server Tag Manager keinesfalls eine Alternative zum klassischen “Web-Tag-Manager”, dem “GTM” darstellt. Der GTM wird verwendet, um bestimmte Tracking-Tags bei bestimmten Situationen oder Interaktionen auf einer Website auszulösen. Der Server-Tag-Manager hingegen empfängt die Daten, die durch die Tags, welche der Web-Tag-Manager ausgelöst hat, versendet werden. Die Produkte ergänzen sich.

GA4 und der Google Server Tag Manager arbeiten wunderbar miteinander. Grundsätzlich funktionieren beide aber natürlich auch mit anderen open-source oder kommerziellen so wie selbst gebauten Tools.

Wieso ist Server-side-Tagging so interessant?


Intelligent-Tracking-Preventions (ITP)

Bereits seit Jahren setzen Browserhersteller vermehrt auf sogenannte “ITPs”. Das Kürzel steht für “intelligent tracking preventions” und meint ein Feature, welches das Tracking durch Drittanbieterdienste wie Google Analytics unterbinden soll.

In der Praxis funktioniert das meistens durch das Blockieren bestimmter Drittanbieter-Anfragen (Kommunikation zwischen dem Browser und z.B. Google-Server) über eine “Blacklist”. Die Domains bekannter Tracker wie z.B. “http://google-analytics.com ” oder “http://connect.facebook.net ” werden blockiert, so dass keine Trackingdaten mehr dorthin übermittelt werden können. In einigen Fällen werden Requests auch gezielt manipuliert, um falsche oder stark verkürzte Daten zu übermitteln.

"Insbesondere Apple’s Browser Safari setzt hier neue Standards mit einer maximalen Lebensdauer von nur noch 24h für Cookies bekannter Trackinganbieter. Dadurch wird tagesübergreifendes Usertracking unmöglich."

Eine weitere Möglichkeit ist die Reduktion der “Cookie-Lifetime”, also die Einschränkung der maximalen Dauer, in der ein Cookie wieder ausgelesen werden kann. Insbesondere Apple’s Browser Safari setzt hier neue Standards mit einer maximalen Lebensdauer von nur noch 24h für Cookies bekannter Trackinganbieter. Dadurch wird tagesübergreifendes Usertracking unmöglich.

Diese Arten von Tracking-Preventions werden derzeit in Safari, Firefox und Microsoft Edge eingesetzt und sind per Default aktiviert. Unternehmen, die nur auf clientseitiges Tracking setzen, werden besonders stark von diesen Einschränkungen betroffen. Je nach Verteilung der User auf Mobile- und Desktopgeräte so wie die verschiedenen Betriebssysteme können schnell 60-70% der User von ITPs betroffen sein.

Durch das Zwischenschalten eines eigenen First-Party-Servers werden diese Einschränkungen zielsicher umgangen und es ist auch nicht abzusehen, dass ITPs First-Party-Collection-Server in Zukunft zuverlässig erfassen und blockieren können.

Die Sache mit den Einwilligungen

Spätestens seit Einführung der DSGVO und in DE natürlich auch nach Einführung des TTDSG ist eine Einwilligung für den Betrieb der meisten Online-Marketing oder Webanalysetools notwendig, da diese sowohl personenbeziehbare Daten an Dritte übermitteln, als auch User-Identifikatoren in Form von Cookies auf dem Gerät speichern. Um eine rechtskonforme Einwilligung einzuholen, werden größtenteils Consent-Management-Lösungen (oft auch nur als “Cookie-Banner” bezeichnet) eingesetzt. Das Problem: Ein datenschutzkonformer Cookie-Banner hat - selbst mit einem fortgeschrittenen Grad an Optimierungen - oft nur eine Einwilligungsrate von ~ 70 %, d.h. dass 30 % der User generell nicht von den Marketing- oder Analysetools erfasst werden können. Dazu kommt, dass die Tendenz stark sinkend ist. Einige Unternehmen verzeichneten im Laufe der letzten 12 Monate einen Rückgang der Einwilligungsrate um mehr als 10 Prozentpunkte. Die Begründung dafür ist das mutmaßlich gestiegene Interesse an Datenschutz bei den Usern.

"Das Problem: Ein datenschutzkonformer Cookie-Banner hat - selbst mit einem fortgeschrittenen Grad an Optimierungen - oft nur eine Einwilligungsrate von ~ 70%, d.h. dass 30% der User generell nicht von den Marketing- oder Analysetools erfasst werden können."

Doch nicht für jede Art des Webtrackings ist zwingend eine Einwilligung notwendig. Für die Erfassung wichtiger Metriken einer Website wie z.B. Besucherzahl, häufig besuchte Seiten, Einstiegs- und Ausstiegspunkte oder Absprungrate ist häufig keine Einwilligung notwendig. Genauso ist es bei den wichtigsten KPIs im E-Commerce wie z.B. Umsatz, Transaktionsumfang, Ausstiegsschritt im Checkoutprozess oder Ähnliches. Diese Informationen sind per se nicht personenbeziehbar, das Problem ist jedoch, dass bei Tools wie Google Analytics im rein clientseitigen Betrieb immer auch personenbezogene Daten mit übermittelt werden, wenn die gerade genannten Daten erfasst werden sollen. Insbesondere die IP-Adresse muss beim rein clientseitigen Tagging zwangsweise an den Trackinganbieter übermittelt werden.

Beim Server-Side-Tagging wiederum findet nur eine Verbindung vom User zum First-Party-Tagging-Server statt. Auf dem Server wird dann entschieden, welche Daten ohne Einwilligung an die Drittanbieter wie z.B. Google Analytics übermittelt werden. Dadurch können die wichtigsten Daten auch ohne Einwilligung verarbeitet, was die Gesamtmenge an Informationen in den Webanalysetools maßgeblich erhöht.

Verbesserung der Core-Web-Vitals

Was haben die Analyse- und Online-Marketing-Tools von Google, Facebook, Twitter, AWIN, AT Internet, Criteo und vielen anderen gemeinsam? Alle erheben und verarbeiten die gleichen Daten. Bei clientseitigem Tagging wird für jeden der Anbieter eigenes Javascript auf die Website gebracht. Das führt dazu, dass im Browser des Users ein Vielfaches von identischem Code ausgeführt wird. Das ist nicht nur sehr nachteilig für die spürbare Performance der Website, sondern führt vor allem zu einem schlechteren Core-Web-Vital bzw. Pagespeed-Score. Tools wie Lighthouse, GTMetrix oder andere Scanner bemerken die große Menge an Javascript und strafen die Website ab. Doch der schlechte Score führt nicht nur zu einem schlechten Gefühl bei den Seitenbetreibern: Suchmaschinen wie Google nutzen solche Scores, um das SEO-Ranking einer Website anzupassen. Langsam reagierende und schlecht optimierte Webseiten verschwinden zusehends aus den oberen Google-Ergebnissen und der Suchmaschinenbetreiber hat bereits angekündigt, dass Core-Web-Vitals in Zukunft einen noch größeren Einfluss auf das SEO-Ranking haben werden.

Auch bei diesem Problem kann Server-Side-Tagging einfach helfen: Die Übertragung der Userdaten findet nur einmal statt: Browser zu Tagging-Server. Von dort aus kann das gleiche Set an Daten erweitert, reduziert, formatiert oder sonst wie angepasst werden und im Anschluss an eine Vielzahl von Drittanbietern geschickt werden. Die Website fühlt sich schneller an, SEO-Scores werden wieder höher und zugleich profitieren Sie von einem vergleichbaren Datenmix zwischen den verschiedenen Vendoren. Und wenn Sie sich die einzelnen Webanalyse- oder Online-Marketing Anbieter im Detail anschauen, werden Sie feststellen, dass auch die Technologieanbieter mittlerweile Server-Side-Tagging als bevorzugte Implementierung Variante ihrer Tags empfehlen.

Fazit: Die Vorteile von Server-side-Tagging - kann ich von der Technologie profitieren?


Grundsätzlich kann man sagen, dass jedes Unternehmen, welches mit Daten aus Webanalyse- oder Online-Marketing-Tools arbeitet, von Server-Side-Tagging profitiert. Je wichtiger die Daten für Ihre Geschäftsstrategie sind, desto höher wird der Impact durch die Einführung eines Server-Tag-Managers sein. Die wichtigsten Vorteile sind:

  • Anpassung an Intelligent-Tracking-Preventions (ITPs)

  • Umgehung von Adblockern und Privacy Extensions

  • Erfassung der wichtigsten KPIs auch ohne Einwilligung und auch in Tools wie z.B. Google Analytics

  • Verbesserung der Datenqualität

  • Verbesserung der Website-Performance durch Steigerung der Core-Web-Vital-Scores, bedingt durch weniger Javascript, welches im Browser ausgeführt werden muss

  • Bessere Vergleichbarkeit zwischen den Drittanbietertools durch Zusammenlegung der Datenbasis

Wir können jedem Unternehmen nur raten, die Technologie auszuprobieren. Auch wenn das initiale Setup nicht immer ganz einfach ist, lohnt sich die Einführung von Server-Side-Tagging fast immer. Unsere Kunden können ihre Datenmenge um durchschnittlich 60-70 % steigern, während einige Einzelfälle sogar Verbesserungen von bis zu 95 % erlebt haben.

"Unsere Kunden können ihre Datenmenge um durchschnittlich 60-70% steigern, während einige Einzelfälle sogar Verbesserungen von bis zu 95% erlebt haben."

Zögern Sie nicht, ein unverbindliches Erstgespräch mit uns zu vereinbaren. Wir prüfen ihre derzeitige Webanalyse- und Online-Marketing-Konfiguration kostenfrei und stellen ihnen einen individuellen Implementierungsplan für einen Server-Tag-Manager zur Verfügung.

Und was ist mit den Kosten?

Zu guter Letzt sollten die möglichen Kosten bei der Implementierung von Server-Side-Tagging natürlich nicht unerwähnt bleiben. Für das in diesem Betrag geschilderte Setup (GA4 +  Google Server Tag Manager) ist die Kostenübersicht aber recht einfach aufgebaut:

  • GA4 ist als Webanalyse und Transporttool vollkommen kostenfrei. Ein 360 - Abonnement ist nicht erforderlich.

  • Ebenfalls kann der Google Server Tag Manager (als einzige professionelle Lösung!) kostenfrei eingesetzt werden.

  • Es fallen lediglich Kosten durch die Bereitstellung eines eigenen Servers an. Diese sind natürlich variabel und stark abhängig vom Traffic auf der Website, der Geoskalierung und anderen Faktoren. Beim Betrieb des Tagging-Servers in der Google Cloud entstehen meistens Kosten zwischen 10 und 100 $ pro Monat. Google spricht von einem Benchmark von 150 $ pro Monat für eine Website mit 50 Requests pro Sekunde - die meisten Websites dürften aber deutlich darunter liegen. Wenn der Tagging-Server nicht in der Google Cloud, sondern in einer eigenen On-Premise-Infrastruktur betrieben wird, lassen sich diese Kosten erneut deutlich verringern.

Kontaktieren Sie uns gerne bei Fragen:

Max Lucas